Dokumentenreviews


Allgemeiner Hinweis
Die folgende Beschreibung baut auf den ausführlichen Leitfaden zur Planung, Durchführung und Dokumentation von Reviews auf, der von PSE QM herausgegeben wurde. Zur Unterstützung von Reviews gibt es eigene Reviewformulare für Kommentar- und Sitzungstechnik (Winword-Files).

Was ist ein Review?
Hier die gebräuchlichste Definition:
Ein Review ist eine systematische, kritische, dokumentierte Prüfung von Entwicklungsergebnissen am Ende von definierten Arbeitsschritten. Es wird dabei das Ziel verfolgt, Fehler zu finden.

Was heißt Dokumentenreview?
Als Entwicklungsergebnis wird in diesem Fall ein Dokument verstanden, wie zum Beispiel:

  • Projektplan
  • CM-Plan
  • QS-Plan
  • Testplan
  • Pflichtenheft
  • und weitere Entwicklungsergebnisse, deren Review vorgeschrieben ist oder empfehlenswert erscheint.

Was heißt Ende eines definierten Arbeitsschrittes?
Ein Review ist nur dann sinnvoll, wenn das Dokument auch tatsächlich fertig ist, d.h. den nötigen Reifegrad zur Überprüfung aufweisen kann. Das ist im allgemeinen dann der Fall, wenn ein Arbeitsschritt abgeschlossen ist (z.B. Erstellen des QS-Plans). Die nächsten definierten Schritte könnten dann lauten: Review des QS-Plans, Überarbeiten des QS-Plans und Freigabe des QS-Plans.

Wie gehe ich die Prüfung an?
Es empfiehlt sich, systematisch vorzugehen, d.h. sich für eine bewährte Reviewmethode zu entscheiden. Übliche und weithin bewährte Reviewmethoden sind (auch in kombiniertem Einsatz) die

  • Kommentartechnik und die
  • Sitzungstechnik.

Wie läuft ein Review in Kommentartechnik ab?
Die Unterlagen werden zunächst an die Reviewer verteilt:

  • Dokument (am besten mit Zeilennummern versehen auf Papier)
  • Referenzdokumente (wogegen wird reviewt?)
  • Projekt-Standards und -Vorgaben (falls vorhanden)
  • Protokoll-Templates
  • sonstige nützliche Unterlagen

Diese arbeiten das Dokument für sich durch und übergeben ihre Stellungnahmen dem Absender (i.a.: Autor, Veranlasser, Moderator, Einlader, ....). Dieser bewertet (ggf. in Absprache) die Kommentare, und der Autor arbeitet die Änderungen ein (waren die notwendigen Korrekturen sehr umfangreich, empfiehlt sich ein Nachreview in kleinerem Rahmen).

Wie läuft ein Review in Sitzungstechnik ab?
Die Unterlagen werden zunächst an die Reviewer verteilt. Zum festgesetzten Sitzungstermin wird das Dokument anhand der Aufzeichnungen der Reviewteilnehmer gemeinsam durchgegangen. Anschließend erstellt der Moderator/Protokollführer das Sitzungsprotokoll und bewertet die Fehler. Nun weiß der Autor über den Umfang der anstehenden Ausbesserungen Bescheid.

Eine stärker formalisierte Form der Sitzungstechnik ist die Intensivinspektion nach M. Fagan (sie ist wesentlich effektiver und effizienter als die traditionelle Sitzungstechnik, benötigt aber unmittelbar relativ viel Zeit). Die Anzahl der Teilnehmer wird auf 3 bis 6 beschränkt, die ein genau definiertes Rollenspiel durchzuführen haben. Unbedingt notwendig sind:

  • Autor
  • Leser
  • Moderator

zusätzlich können noch bis zu 3 weitere Inspektoren beschäftigt werden, die bestimmte Rollen ausführen, wie ein Schnittstellen-Prüfer, ein Anwender, ein Überprüfer von Standards, ein Tester, etc., die das Dokument aus ihrem Rollenverständnis heraus prüfen. Die Dauer einer derartigen Sitzung soll 2 Stunden nicht überschreiten. Daraus ergibt sich auch eine Beschränkung des Dokumentenumfangs, der in einer Sitzung durchgearbeitet werden kann und die Notwendigkeit, das Dokument ggf. in mehreren Sitzungen zu prüfen.

Welche Methode nehme ich nun für mein Dokumenten-Review?
Für besonders „heikle" Dokumente oder „heikle" Teile des Dokuments empfiehlt sich unbedingt die Intensivinspektion. Für weitere Dokumente soll folgende Entscheidungstabelle dienen:

pro Kommentartechnik:
  • viele Teilnehmer sind möglich
  • keine Terminabsprachen sind notwendig
  • keine „Orts"-Probleme
  • kein Sitzungsaufwand
  • kein Reiseaufwand
contra Kommentartechnik:
  • keine Diskussion in der Runde
  • kein Synergieeffekt durch Sitzung
  • niedrige Fehlerfindungsrate
pro Sitzungstechnik:
  • höhere Fehlerfindungsrate
  • Mißverständnisse lassen sich schnell klären (Dokumente)
contra Sitzungstechnik:
  • zu große Runde ist abzulehnen
  • das „Orts"-Problem stellt sich (D, USA, A, ....)
  • Terminabsprachen werden notwendig
  • negative psychologische Komponenten sind möglich (Druck durch Vorgesetzte, Antipathien, ....)
pro Intensivinspektion:
  • Rollenspiel fördert Review-Disziplin
  • vollständige Prüfung des Dokuments gegen die Vorgabe
  • höchste Effizienz und Effektivität
contra Intensivinspektion:
  • geringe Review-Geschwindigkeit
  • Ausbildung vorhanden ?

Warum dokumentierte Prüfung?
Unabhängig von der gewählten Methode ist jedes Review durch ein Reviewprotokoll zu dokumentieren:

  • Damit der Autor ein von allen Teilnehmern akzeptiertes Fehlerprotokoll für die Fehlerbehebung bei sich hat.
  • Damit alle Teilnehmer und Unterrichtete ein Dokument zur Verfügung haben, in dem sie bei der Planung und Durchführung weiterer Reviews Erfahrungswerte finden können.
  • Um gemäß ISO9001 eine Qualitätsaufzeichnung zum Entwicklungsergebnis ablegen zu können, um im Bedarfsfall eine Prüfung nachweisen zu können.

Ein Reviewprotokoll soll aus dem Deckblatt inkl. Fehlerstatistik, der Fehlerliste und ggf. einem Analyseprotokoll bestehen.

Wen betrifft das Dokumenten-Review?

  • Den Autor: Ich will mein Ergebnis durch eine Runde abgesichert wissen und möglichst wenige Fehler nach vorne (in die nächste Entwicklungsphase) weitergeben.
  • Das Team: Wir wollen in der nächsten Phase auf etwas Abgesichertes aufsetzen können, wir haben auch ein vom Kunden akzeptiertes Ergebnis als Basis zur Weiterarbeit, wir kennen uns aufgrund der Reviews im ganzen Subsystem aus und können erfolgreicher weiterarbeiten, wir haben gelernt, miteinander sachlich zu diskutieren.
  • Den Auftraggeber: Das Dokument wurde geprüft und von mir akzeptiert. Ich weiß, auf was aufgesetzt werden kann. Ich kenne den von mir zu bezahlenden Umfang.
  • Den Auftragnehmer: Ich habe das Dokument von Fachleuten überprüfen lassen. Ich erwarte keine Fallen mehr.

Was tun bei wenig Zeit und Geld?
Setzen Sie Prioritäten: Wo ist es besonders wichtig, in Dokumenten-Reviews Zeit und Geld zu investieren?

  • bei frühen Dokumenten (der Aufwand für die Fehlerbehebung ist noch relativ gering)
  • bei schweren Fehlerfolgen (z.B. sicherheitsrelevante Software, Image des Auftraggebers, zentrale Dokumente)
  • bei hoher Fehlerwahrscheinlichkeit (z.B. Autor neu in diesem Umfeld bezüglich Thema und Tools, Kommunikationsprobleme - Ort und Sprache, komplexes Thema,„da gab’s immer schon viele Fehler",...)

Wo kann ich die meisten Fehler erwarten?
Erfahrungsgemäß konzentrieren sich die Fehler in den Entwicklungsdokumenten auf einige wenige Themen:

  • Vergessen von einzelnen CASE-Fällen (20%)
  • Ignorieren von Extrembedingungen (17%)
  • Mißverstehen von Vorgängerdokumenten (12%)
  • Falsche Abfragen (12%)

Zusätzlich zum eigentlichen Review empfiehlt sich eine Analyse des Reviews
Im Anschluß an ein Review soll eine kurze Analyse durchgeführt werden, um aus dem eigenen Verhalten und den Fehlern zu lernen (Hinweise dazu finden sich im Reviewformular). Hinsichtlich des Reviewprozesses bedeutet das:

  • Hat bei der Planung alles gestimmt (Teilnehmer, Termin, Material,...)?
  • Wie lief das Review selbst (Konzentration, Fehlerfindung, Räumlichkeiten,...)?
  • Wie kam die Fehlerbewertung zustande (Konsens, Machtwort des Leiters,...)
  • Es lohnt sich auch, Positives im Analyseprotokoll anzumerken!

Hinsichtlich des Entwicklungsprozesses stellen sich folgende Fragen:

  • Welche Fehler tauchen immer wieder auf?
  • Warum?
  • Was könnte man dagegen tun (Maßnahmen und Verantwortliche)?

Sind diese Quellen gestopft, dann sollte einer Verbesserung des Entwicklungsprozesses nichts mehr im Wege stehen.


Siemens AG Österreich, Programm- und Systementwicklung PSE
Ansprechpartner: stdSEM-Webmaster
Zuletzt aktualisiert am: 07 Juli 1998 12:22
Copyright © Siemens AG Österreich 1997. Alle Rechte vorbehalten.